Die Art seiner bäuerlichen Herstellung hat im Ennstal mit seinen vielen Almen lange Tradition. Die Bauern liebten den deftig riechenden Ennstaler Steirerkas g.U., während man in den Städten die Nase darüber rümpfte und Hartkäse aus anderen Ländern bevorzugte. Ein Fehler, wie wir meinen.
Er schmeckt und riecht würzig-pikant, mit zunehmendem Alter auch mal kräftig-pikant bis scharf – und ist bekannt als „bröseliger Urkäse“. Die Rede ist vom Ennstaler Steirerkas g.U., der 2021 mit dem EU-Gütesiegel geschützte Ursprungsbezeichnung ausgezeichnet wurde. „Unser Steirerkas ist einzigartig bröselig“, erklärt Marianne Gruber-Ritzinger, die Altbäuerin des Rituzingerhofs in Gröbming und Obfrau der „Genuss Region Ennstaler Steirerkas“ stolz. „Und zwar von Anfang bis zum Ende seines Reifeprozesses.“ Der Grund: Der Ennstaler Steirerkas g.U. ist ein Sauermilchkäse, der aus roher oder pasteurisierter Magermilch hergestellt wird.
Rezepte werden in der Familie weitergegeben
Jede Almsennerin im obersteirischen Bezirk Liezen hat ihr eigenes „Rezept“ für den Ennstaler Steirerkas g.U., daher schmeckt auch jeder Käse anders und sieht etwas anders aus. Das Wissen wird seit Generationen innerhalb der Familien weitergegeben und zwischen den Sennerinnen durch regelmäßige Treffen und gemeinsame Fortbildungen intensiv ausgetauscht, was maßgeblich zu dessen Erhalt beiträgt. „Auch die lokale Artenvielfalt an Gräsern und Kräutern im Grünfutter unserer Kühe und das daraus erzeugte Heu spielt eine Rolle für den unnachahmlichen Geschmack unseres Käses,“ erzählt Marianne und erklärt, dass er besonders voll und würzig ist, wenn er auf der Alm erzeugt wurde.
„G’sotten, presst, aufbaht!“
Die Bäuerin bereitet ihren Käse seit über 20 Jahren während der Sommermonate auf der Viehbergalm in Gröbming zu. Dabei geht sie streng nach dem Herstellungsprinzip „G’sotten, presst, aufbaht!“ vor – was so viel heißt wie: „gekocht, gepresst, gereift“. Zuerst erhitzt sie dicksaure Magermilch in einem Kupferkessel auf 75 bis 100 Grad Celsius, bis der feste Teil aufsteigt und sich von der Molke trennt. Den daraus entstandenen „Kasbruch“ schöpft sie auf ein „Kastuch“ – ein Leinentuch, das auf einer sogenannten „Schottwiege“ liegt. „Dann presse ich die Molke aus, mit der ich mir übrigens das Gesicht einschmiere“, grinst Marianne mit dem Verweis darauf, dass Molke ein jahrhundertealtes Schönheitsmittel ist. Den gut ausgepressten Topfen würzt die Altbäuerin mit Salz, Pfeffer und ein wenig altem Steirerkas. Anschließend füllt sie die bröselige Menge in eine konische Form, aus der die überschüssige Molke noch weiter abrinnen kann. Diese werden mit einem Holzbrett verschlossen und über Nacht mit einem schweren Stein beschwert. Am nächsten Tag wird der „Kasstock“ herausgestürzt und bleibt einen weiteren Tag in einem warmen Raum zum Trocknen, bis er die typischen Risse in der Form zeigt. Danach stellt Marianne den Steirerkas noch zirka sechs bis acht Wochen in ihren gut belüfteten Reifekeller bei 6 bis 14 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 60 bis 85%. „Während dieser Zeit müssen die Käsestöcke regelmäßig gewendet werden,“ erzählt die Bäuerin „bis der Ennstaler Steirerkas eine klumpig-marmorierte Konsistenz und sein einzigartiges Aroma erhält.“
Genossen wird der Ennstaler Steirerkas am besten aufgerieben auf einem Butterbrot, als Zutat bei Kasnockerln oder mit den über die Region hinaus bekannten Ennstaler Steirerkrapfen. „Die mag jeder“, ist Marianne überzeugt. Also: Egal, ob aus der Stadt oder vom Land – ab ins Ennstal, um dieses einzigartig bröselige und kulinarische Erbe der Alpen zu genießen!
Fotos I Werner Krug